Ist die Mietwageneigenschaft eines Gebrauchtwagens ein Mangel?

14.06.2019 – RA Bierschenk:

Der Autohändler B bot im auf der Internetseite „mobile.de“ einen Pkw Opel Mokka X zum Kauf an. In dem Internetinserat hieß es unter anderem: „Erstzulassung 03/2017, 11.400 km“ und „Anzahl der Fahrzeughalter:1“. Müller fährt zu dem Händler, besichtigt das Fahrzeug und kauft es sofort. Einige Zeit später stellt sich heraus, dass das Fahrzeug zuvor von einem spanischen Mietwagenunternehmen in Spanien als Mietwagen eingesetzt worden war. Müller ist empört, dass der Verkäufer ihm das verschwiegen hat. Er verklagt ihn und verlangt die Rücknahme des Wagens gegen Erstattung des Kaufpreises.

Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die Annahme, eine Nutzung als Mietfahrzeug sei eine negative Eigenschaft, sei heutzutage nicht mehr gerechtfertigt. Denn die Mietwagenfirmen seien darauf angewiesen, dass die Fahrzeuge stets in einem technisch wie optisch einwandfreien Zustand seien. Außerdem sei es heute üblich, dass relativ viele, nur kurz genutzte Mietfahrzeuge auf dem Markt seien. Ein Käufer könne sich hierauf einstellen. Der Unternehmer habe keine allgemeine Aufklärungspflicht. Danach sei ein Hinweis auf die Vornutzung des Opel Mokka X als Mietwagen nicht erforderlich gewesen.

Müller sieht das nicht ein und geht in die nächste Instanz. Das OLG gibt ihm recht: Bei der Mietwageneigenschaft eines Gebrauchtwagens handele es sich um eine aufklärungspflichtige Tatsache, denn die Mietwageneigenschaft sei für die informierte Entscheidung des Verbrauchers wesentlich. Es sei für einen Kaufinteressenten von Bedeutung, ob das Fahrzeug durch mehrere Hände gegangen und dabei in besonderem Maße abgenutzt worden sei. Allgemein werde ein solches Fahrzeug nämlich wegen der zahlreichen Nutzer, die keine Veranlassung haben, es in einer auf längeren Werterhalt angelegten Weise sorgsam zu behandeln, als geringerwertig angesehen.

Die Mietwageneigenschaft sei zumindest bei jungen Gebrauchtwagen mit einem Alter von unter einem Jahr und nur einem Vorbesitzer bei Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs eine atypische Vorbenutzung, die negativen Einfluss auf den Wert des Fahrzeugs habe. Für die Mietwageneigenschaft werde zumindest bei solchen Gebrauchtwagen gemeinhin ein Abschlag auf den sonst üblichen Kaufpreis vorgenommen.

Ob die Bedenken, die unter Verbrauchern gegen Mietfahrzeuge bestehen, tatsächlich berechtigt seien, sei letztlich nicht von entscheidender Bedeutung. Maßgeblich sei vielmehr, dass für den durchschnittlichen Verbraucher die Mietwageneigenschaft eine wesentliche Bedeutung für seine Kaufentscheidung habe. Die Abwägung des daraus herrührenden Informationsinteresses des Verbrauchers mit den Interessen des Unternehmers unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes falle zugunsten der vollständigen Information des Verbrauchers aus.

Auch die Angabe „Anzahl der Fahrzeughalter: 1“ habe in dem Käufer die Erwartung erweckt, dass das Fahrzeug von einer Privatperson gefahren worden sei. Auch dies habe zur Täuschung des Käufers beigetragen.

Das Gericht entschied, dass Müller bewusst getäuscht worden sei und der Autohändler das Fahrzeug gegen Rückzahlung des Kaufpreises unter Abzug eines Betrages wegen der erfolgten Nutzung zurücknehmen müsse.

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